Wenn ich unterwegs bin, möchte ich zwar einerseits mit der hinter mir liegenden Welt verbunden bleiben, andererseits möchte ich nicht die ganze Zeit von digitalen Dingen abgelenkt werden. Allerdings gelingt mir das mit meinem Smartphone häufig nicht: Da möchte ich einfach nur mal schnell die Mail checken – und plötzlich habe ich mich dann doch wieder viel zu lange bei Facebook/Instagram/Twitter/undsoweiterundsofort verirrt. Die Selbstkontrolle ist eine Bitch.
Das Buch „Digital Minimalism“ von Cal Newport hat mir die unbequeme Wahrheit vor Augen geführt: Es ist eine Sucht. Aber vor allem im Wohnmobil habe ich gar keine Lust dazu, per Handy dauernd ins Leben anderer Leute, in deren Gedanken und Aktivitäten einzutauchen. Und wenn ich mich nicht selbst beherrschen kann, brauche ich Hilfe, im besten Fall eine technische. Ein anderes Handy muss her, damit das Smartphone während des Wohnmobil-Trips die meiste Zeit im Schrank liegen bleiben kann. Trommelwirbel, Auftritt MP02 von Punkt.
Diese Schweizer wieder. Von Design und Präzision verstehen sie was. Das MP02 fühlt sich fantastisch an, die Rückseite hat einen Buckel, der sich perfekt in die gewölbte Hand schmiegt. Die Vorderseite hätte genauso gut von Dieter Rams gestaltet sein können: Große Tasten, cleaner Look – wer alte Taschenrechner oder moderne Macs nutzt, fühlt sich gleich Zuhause. Aufgeladen wird es per USB-C, darüber hinaus funkt es im LTE-Netz. Letzteres klingt erst einmal sinnlos bei einem Telefon ohne Internet-Browser und App-Store. Aber für mich war das schnelle Netz ein Hauptgrund dafür, das MP02 mitzunehmen. Na gut, neben dem genialen Design.
Wenn ich einmal ins Internet muss, um berufliche Mails zu bearbeiten oder irgendwelche Daten herunterzuladen, kann ich mit dem Mobiltelefon einen Hotspot einrichten und so per WLAN surfen. Das klingt erst einmal nicht besonders, da dies inzwischen jedes Smartphone kann. Aber normale Tastentelefone können das nur selten – und wenn doch, dann kauft man sich diese Funktion häufig mit Verbindungsproblemen ein. Die Leitung mit dem MP02 ist stabil.
Und was kann das Telefon sonst so? Telefonieren, SMS senden und empfangen und einen Wecker hat es auch noch. Es war schon eine Umgewöhnung, wie früher eine Kurznachricht mit den Tasten zu schreiben. Aber dafür halte ich mich bei meinen Antworten jetzt sehr kurz. Anfangs vermisste ich Messenger wie Whatsapp, aber dann genoss ich es, nicht immer auf jedem Kanal sofort erreichbar zu sein. Wenn ich unterwegs bin, versuche ich jetzt höchstens einmal am Tag das Smartphone anzuschalten. Das klappt noch nicht immer, aber immer öfter.
Mir fehlen aber auch ein, zwei Dinge. Ich hätte gerne einen Musikplayer an Bord, um darüber meine Musik abzuspielen. Spotify wäre fein, eine Kamera ein netter Bonus. Halt, wenn ich jetzt weiter aufzähle, kann ich auch gleich wieder zum Smartphone greifen. Für die Musik habe ich einen alten iPod rausgekramt und ihn mit Songs für den Roadtrip gefüllt. Fotos mache ich mit meiner großen Kamera – oder ich verzichte einfach mal, ständig alles zu fotografieren, da ich die meisten Bilder eh nie wieder anschaue.
Mir gefällt das MP02 sehr gut. Allerdings ist der Preis mit 329,– Euro zu hoch für ein Stück Technik, was eigentlich kaum etwas kann. Oder ich muss es anders betrachten: Wenn ich eine teure Uhr tragen, kann die auch nicht viel mehr, als die Zeit anzuzeigen. Und beschwere ich mich da über den Preis? Nein, eben. Design und Style darf man nicht nach den Funktionen bewerten, sondern ganz schlicht danach, ob es in den eigenen Lifestyle passt. Und dieses dumme Ding passt – als Zweithandy – einfach perfekt in meinen.